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Von den Herren der Schröpfung

Warum tun sich Start-ups in Deutschland schwer? Immer, wenn eine Diskussion zu diesem Thema entsteht, werden unter anderem gesetzliche und bürokratische Hürden als Argumente ins Spiel gebracht.


Das ist sicher nachvollziehbar, schließlich kann es auch für Privatpersonen eine zähe Angelegenheit werden, beispielsweise eine Steuererklärung abzugeben: Von der Wiege bis zur Bahre, Formulare, Formulare. Für Unternehmer wird das auch nicht einfacher. Kommen dann noch Staatsdiener mit falschen Prioritäten hinzu, kommt man als Start-up schnell in die Bredouille. So wie gerade einer meiner Florus-Franchise-Nehmer.


Doch von Beginn an. Die Protagonisten eines wirklich absurden Stücks sind in den Hauptrollen ein Franchise-Nehmer der Florus und ein Mitarbeiter des örtlichen Finanzamts. Dazu ist die Florus selbst in einer Nebenrolle dabei. Zankapfel ist die Umsatzsteuer, genauer gesagt Umsatzsteuerbetrug.


Der würde wie folgt funktionieren: Unternehmer A schreibt für Unternehmer B eine Rechnung, verbucht sie aber nicht und erbringt auch keine Leistung. B nimmt die gegenstandslose Rechnung und zieht vom Finanzamt die Vorsteuer.


Das ist natürlich eine Riesensauerei und der Fiskus ist zurecht daran interessiert, sie zu unterbinden. Also prüfen Finanzbeamte die Umsatzsteueranmeldungen von Unternehmen auf und verweigern bei Unstimmigkeiten die Ziehung der Vorsteuer. Das ist soweit auch völlig legitim.




In unserem Fall haben wir unseren Franchise-Nehmer in der Zentrale zu verschiedenen Dingen geschult, die er zur Führung seines Unternehmens brauchte. Diese Schulungen waren kostenpflichtig und wurden ihm in Rechnung gestellt. Problem bei der Sache: Der Finanzbeamte hegte den Verdacht, dass es nie einen Leistungsaustausch gab und als es Nachfragen bei seiner Dokumentation gab, gelang es dem Franchise-Nehmer nicht, das Finanzamt vom Gegenteil zu überzeugen. Die Umsatzsteuer wurde aber bereits gezahlt.


Damit kommen nun auch Probleme auf unser Unternehmen zu: Obwohl Leistungen erbracht wurden, ist der Umsatzsteuerabzug nun unberechtigt und das führt dazu, dass wir die Rechnungen korrigieren müssen. Am Ende bekommen wir die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurück und leiten den Betrag an den Franchise-Nehmer weiter, der ja seinerseits keine Vorsteuer ziehen konnte.


Aus Sicht des Finanzamtes ist die Geschichte ein Nullsummenspiel, weil nun eben die Florus statt dem Franchise-Nehmer den Betrag erhält.


Problem bei der Sache: Unsere Rechnung wurde im August storniert, die Umsatzsteueranmeldung läuft jedoch quartalsweise, sodass wir erst Mitte Oktober mit dem Geld rechnen können. Für uns ist das einfach nur ärgerlich, für den Franchise-Nehmer aber existenzbedrohend.


Natürlich kann man an dieser Stelle Aussagen wie „Hätte er eben besser dokumentiert“ treffen. Die Schuld gänzlich auf Finanzbeamte zu schieben, die „nur ihren Job machen“, zu schieben, ist auch nicht die Absicht dieses Beitrags. Auf der anderen Seite muss aber auch die Frage erlaubt sein, ob es noch verhältnismäßig ist, wegen eventuellen Zweifeln bei der Dokumentation die Liquidität und Existenz eines jungen Unternehmens zu gefährden. Es kann nun mal vorkommen, dass man sich bei der Dokumentation bei Zeit oder Datum vertut, wem ist das noch nicht passiert.


Gewonnen hat am Ende jedenfalls niemand: Das Finanzamt zahlt die Umsatzsteuer nun eben an einen anderen Empfänger, der Franchise-Nehmer muss um seine Liquidität bangen und wir sitzen zwischen den Stühlen und hoffen, wegen eines Formfehlers nicht einen wertvollen Partner zu verlieren.

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